Wie gehen wir mit religiösen Unterschieden um?

„Wie gehen wir mit religiösen Unterschieden um?“ — um dieses Thema ging es gestern abend im Rahmen der Vortragsreihe „Wissen, wovon man spricht: Islam als abrahamitische Religion„, die der Ökumenische Arbeitskreis der Evangelischen Kirchengemeinde Dillenburg und der Katholischen Pfarrgemeinde Herz Jesu Dillenburg an drei aufeinander folgenden Montagen im November anbietet.

Referentin des Abends war Pfarrerin Susanna Faust, Beauftragte für Interreligiöse Fragen am Zentrum Ökumene der EKHN in Frankfurt/Main. Über 60 Zuhörer waren in das Evangelische Gemeindehaus am Zwingel gekommen, um ihren Vortrag zu hören.

Frau Faust verglich den nicht immer einfachen Dialog der Religionen mit einer Partnerschaft: „Können wir die Unterschiede zwischen uns aushalten oder möchten wir den andern so machen, wie wir selbst sind?“ Toleranz sei nötig, freilich gebe es dabei Grenzen. Eine Grenze sei das deutsche Grundgesetz.

Sie erinnerte an die Geschichte der türkischen Einwanderer in Deutschland in den sechziger Jahren. Für die „Muslime der ersten Generation“ sei vieles in unserem Land ein Kulturschock gewesen. Mangelnde Sprachkenntnisse und fehlende Bildung führten zu Berührungsängsten und Isolation. In dieser Zeit hätte der Dialog vor allem im diakonischen Handeln bestanden: Deutschunterricht, Nachhilfe für türkische Kinder, Begleitung bei Behördengängen.

Für die „Muslime der zweiten Generation“, die in Deutschland aufgewachsen sind, sei vor allem der Zwiespalt zwischen ihrer eigenen und der deutschen Kultur ein Problem. Gleichzeitig werde man sich der muslimischen Nachbarn heute mehr bewußt. Die Rolle der Medien sei dabei leider wenig hilfreich, weil meist Probleme die Berichterstattung dominierten und positive Beispiele gelungenen Dialogs nur selten vorkämen.

Dialog geschehe heute auf mehreren Ebenen: als „Dialog des Lebens“ z.B. zwischen Arbeitskollegen oder im Kindergarten, als „organisierter Dialog“ zwischen Kirchengemeinden und Moscheevereinen, sowie als „offizieller Dialog“ zwischen Vertretern der Kirchenleitung und der islamischen Dachverbände. Bei letzterem gehe es um Themen wie islamische Bestattung, Kopftuch oder Moscheebau, zu denen dann auch Stellung bezogen werde.

Frau Faust erläuterte ihren Zuhörern Kriterien und Regeln, die sich als hilfreich für interreligiöse Gespräche erwiesen hätten. So müssten Gespräche ehrlich, fair und auf Augenhöhe geführt werden. Ziel des Dialogs sei, die Religion des anderen aus dessen innerer Perspektive verstehen zu lernen. Die Dialogpartner müssten aber auch bereit sein, ihre Religion kritisch hinterfragen zu lassen. Ein solcher kritischer Dialog brauche Vertrauen.

Zum Schluss stellte Frau Faust einige konkrete Projekte der evangelischen Kirche vor, die eine bessere interreligiöse Bildung und ein friedliches Zusammenleben fördern sollten. So gebe es in manchen Dekanaten der EKHN christlich-islamische Gesprächskreise, Fortbildungsprojekte für Erzieherinnen und „abrahamische Teams“, die zur Konfliktlösung in Schulen eingesetzt würden.

Im Anschluss an Frau Fausts Ausführungen entwickelte sich eine lebhafte Diskussion, die Frau Brandt, die Vorsitzende des evangelischen Kirchenvorstands, geschickt moderierte.

Die Vortragsreihe endet am kommenden Montag, 20. November. Referentin ist dann Brigitte Görgen-Grether, Diplom-Theologin und Referentin für Theologische Erwachsenenbildung im Bistum Limburg, mit dem Thema: “Wie als Christ dem Islam begegnen?” Auch dazu laden die Mitglieder des Ökumenischen Arbeitskreises Dillenburg herzlich ein.

Veranstaltungsort ist wieder das Evangelische Gemeindehaus am Zwingel in Dillenburg, der Vortrag beginnt um 19.30 Uhr.


Das Referat “Islam und Weltreligionen” des Kirchenamtes der EKD bietet Informationen und Materialien über den Islam und zur christlich-muslimischen Zusammenarbeit an. Dies umfasst kirchliche Handreichungen und Orientierungshilfen zum Zusammenleben mit Muslimen in Deutschland, Kontaktadressen für Fragen des Islam, Hinweise auf Literatur, Rezensionen und hilfreiche Links.Mehr zum Thema Dialog und Islam auf diesem Weblog

Hat Ihnen der Beitrag gefallen? Haben Sie Fragen? Hier können Sie Ihren Kommentar hinterlassen: